Meine Bahn-App und ich

von horchposten am 17. September 2012 in Allgemein,Behind the Scenes,iPad,iPhone

Wir waren wieder in Deutschlands größtem mobilen Büro unterwegs – der Deutschen Bahn. Kurz gesagt: Alle hatten die „DB Tickets App“ genutzt, alle die richtigen Tickets auf den richtigen Geräten dabei und alle saßen im richtigen Zug – trotzdem hatten wir einen Schwarzfahrer in unserer Runde. Wie konnte das passieren?

Im Januar 2012 sind wir durch eine Meldung bei Mac & i auf die Bahn-App aufmerksam geworden. Mit einer „DB Tickets App“ aus dem iTunes-Store sollte ein Zugticket nicht mehr per MMS versendet werden, sondern auf Apple-Geräten gleich über die App verfügbar sein. So sollte auch das lästige Ausdrucken der Online-Tickets entfallen.

Hörte sich gut an – und nach dem Download hat die Bahn-App auch wunderbar funktioniert. Probleme mit der App, mit einem Ticket oder mit einem Zugbegleiter hatte bisher keiner von uns. Doch diese schöne Zeit endete leider, denn das Ticket auf dem iPad unseres Kollegen wurde plötzlich von einem Zugbegleiter nicht akzeptiert. Das „digitale Ticket“ sei auf einem “Tablet-Computer” nicht gültig, unser Kollege daher ein „Schwarzfahrer“.

Wir haben den Zugbegleiter auf den iTunes-Store verwiesen, denn dort steht: Die „DB Tickets App“ ist kompatibel mit iPhone, iPod touch und … dem iPad. Doch Kompatiblität hat den Zugbegleiter nicht interessiert. Im Beschreibungstext der App stehe ja, dass man ein „Handy-Ticket“ kauft. Dadurch würde das iPad doch automatisch ausgeschlossen, denn damit könnte man ja nicht telefonieren.

Was ist mit Voice over IP oder Video-Telefonie über Skype und Facetime? Unsere Not-Argumente wurden vom Zugbegleiter nicht akzeptiert. Im Gegenteil: Wenn unser Kollege schon mit seinem iPad ins Internet gehen kann, dann hätte er ja gleich ein “Online-Ticket” kaufen können. Sein ungültiges “Handy-Ticket” hätte er auf dem iPad auch über die “Buchungsrückschau” als “Online-Ticket” abrufen können – das würde dann in ausgedruckter Form als gültig akzeptiert. (Wohlgemerkt: Das ausgedruckte “Online-Ticket” wäre dann mit dem zuvor ungültigen Ticket völlig identisch!) Tja – leider hatten gerade wir keinen Drucker im Reisegepäck. Es nutzte kein Reden und kein Argument, der Zugbegleiter blieb hart und kassierte von unserem Schwarzfahrer.

Sind die Bahn-Tickets auf dem iPad wirklich ungültig? Obwohl die Deutsche Bahn ihre „DB Tickets App“ für iPhone und iPad ausdrücklich als Teil ihres mobilen und reisebegleitenden Service bewirbt? Einen halben Tag haben wir mit der Service-Hotline der Bahn verbracht, um am Ende zu erfahren: Der Zugbegleiterer hatte recht! Zwar steht in den Beförderungsbedingungen der Bahn:

“Bei der Fahrkartenkontrolle hat der Reisende (…) die App “DB Tickets” mit Anzeige des Barcodes oder der Fahrkartendaten auf dem Display des mobilen Endgerätes bei aktivierter Hintergrundbeleuchtung vorzuzeigen.”

Doch solch ein mobiles Endgerät erkennt die Bahn bei Apple nur das iPhone an! Bei der Formulierung der Beförderungsbedingungen ist offenbar nicht ans iPad – oder ähnliche Geräte – gedacht worden. Diese Beförderungsbedingungen stammen außerdem noch vom Dezember 2011 – und sind damit ein halbes Jahr älter, als unsere Version der “DB Tickets App”. Wer der Bahnwerbung glaubt und die App auf dem iPad nutzt, der ist tatsächlich ein Schwarzfahrer!

So ein Ticket-Fehlkauf per iPad – samt peinlicher Diskussion im überfüllten Abteil – kann nicht nur unserem Kollegen passiert sein. Es müssen im letzten halben Jahr doch hunderte von Beschwerden bei der Bahn eingegangen sein. Und trotzdem aktualisiert niemand die Beförderungsbedingungen, ändert die Werbung oder streicht im App-Store einfach iPad und iPod touch aus der Liste der kompatiblen Geräte? Unglaublich!

Was bleibt als Erkenntnis: Ein regulär gekauftes Ticket ist für die Deutsche Bahn noch lange kein gültiges Ticket.

1. UPDATE: Scheint so, dass Zugbegleiter die Tablets allgemein ablehnen. Ein Leser hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass auch das Google Nexus seiner Bekannten nicht als “mobiles Endgerät” akzeptiert wurde.

Ihr Erlebnis mit der Deutschen Bahn beschreibt Nicole Ebbers auf antischokke.de recht anschaulich. Ihre Lösung für das Ticket-Problem: Sich über die “Buchungsrückschau” das ungültige Ticket als MMS auf das Smartphone zusenden lassen – auch dann hat man wieder ein gültiges Ticket.

Ebbers fragt sich natürlich auch: Warum wird von der Deutschen Bahn im Play-Store eine App für das Nexus 7 angeboten, wenn man die Tickets dann auf dem Nexus nicht nutzen kann?

2. UPDATE: Auf Facebook hat sich die Bahn zwar einer Stellungnahme enthalten, aber auf Twitter hat man sich zur Problematik geäußert: „Das Handy-Ticket/Online-Ticket bitte nicht per iPad vorzeigen.“ Es wurde auch gefragt, warum es die App trotzdem für das iPad gibt. Die Bahn-Antwort: „Dies ist dem Fachbereich bereits bekannt und noch in Klärung.“

Kuddelpda September 17, 2012 um  Uhr

Absolute Frechheit. Saftladen!!
Gibt’s da nicht eine Beschwerdehotline.
Da müssten wir uns alle beschweren.Es wäre eine Kleinigkeit die User darauf hinzuweisen.

Jürgen September 18, 2012 um  Uhr

Was gibt es da nicht zu verstehen?

Es heißt ja auch Handy-TIcket und nicht Tablet-TIcket. Das Gerät für das Handy-Ticket muss MMS empfangen können. Das wäre ja sonst genau so als ob ich ein Screenshot von meinem Handy-Ticket mache, was ich auf meinem iPhone mache und es dann auf meinem MacBook vorzeige, ist nicht gültig! Zudem ist es eine iPhone-App und keine iPad-App!

Genau so kann man auch nicht das Online-Ticket, dass immer ausgedruckt werden muss (steht auf jedem Online-TIcket unten drunter)! Das Online-Ticket sieht auch völlig anders aus als ein Handy-TIcket! Das sind zwei unterschiedliche Welten!

Aber ist ja klar das man seinen eigenen Fehler nicht zugibt und jetzt wieder die Bahn dafür verantwortlich macht. Sowas regt mich immer auf!

horchposten September 18, 2012 um  Uhr

@Jürgen. Die iPhone-App läuft auch auf dem iPad und auf die Kompatiblität wird von der Bahn extra hingewiesen. Der Fehler des Kollegen war der Bahn-Werbung für den mobilen und reisebegleitenden Service zu glauben, dort steht wörtlich: „Die DB Tickets App ist für iPhone, iPad und Android kostenlos erhältlich im App Store & Google Play.“ Und als Funktion der Ticket-App nennt die Bahn in dieser Werbung eindeutig: Ticket. Was hätte der Kollege da falsch verstehen sollen?

Wir haben das gestern mal bei der Service-Hotline der Bahn getestet. Die Service-Mitarbeiter waren alle zuerst davon überzeugt, dass ein solches Ticket auf dem iPad akzeptiert wird. (Und bisher wurde das iPad des Kollegen wohl auch immer als passendes „mobiles Endgerät“ akzeptiert.)

Zum Online-Ticket: Der Vorschlag mit der Umwandlung in ein Online-Ticket ist vom Schaffner gekommen – im Zug konnten wir das ohne Drucker aber nicht ausprobieren.

Zur MMS: DB-Pressemitteilung von Oliver Schumacher zur Ticket-App: „(…) Tickets (werden) nicht mehr per MMS versendet, sondern sind direkt in der App verfügbar und werden dort gespeichert und verwaltet.“ Und das funktioniert mit der App tatsächlich tadellos.

Ich September 18, 2012 um  Uhr

Mit dem Thema habe ich täglich zu tun,
Ich arbeite im Kundenservice der ÖBB, also der Bahngesellschaft von Österreich. Bei uns gibt es diese App erst seit Mittwoch, wodurch davon noch nicht sehr viele Beschwerden gemeldet wurden. Jedoch kann ich ein Lied von singen mit den Online-Ticket, denn diese werden auch am Tablet oder am Smartphone nicht anerkannt, scheinbar kann der Zugbegleiter den QR-Code am Touchscreen nicht lesen. Natürlich ist es ein Fehler der Deutschen Bahn im iTunes-Store nicht zu erwähnen dass die App fürs iPad oder andere Tablet-PCs eh sinnlos ist. Naturlich kann man durch eine Beschwerde vorgehen, jedoch kostet die Hotline, und wenn sich einer alleine beschwert ist das sinnlos, da die Beschwerden an Personen gehen, die die einzelnen Beschwerden dokumentieren und beantworten, denen es egal sein kann, weil sie sowieso nichts ändern können, sobald in einer kurzen Zeit mehr Beschwerden reinkommen, gehen diese „Drohungen“ auch an die Chef-Etagen weiter, und die können auch was an dem Problem ändern

ralfsiehtalles September 18, 2012 um  Uhr

Naja, das klingt ja ganz nach einem typischen Pfennigfuchserproblem der Deutschen Bahn. Solange niemand die Beförderungsbedingungen aktualisiert, wird auch kein Schaffner ein Tablet akzepieren. Die bekommen da sehr genaue Vorgaben und Ausführungsbestimmungen.

horchposten September 18, 2012 um  Uhr

@ralfsiehtalles. Das mit den „Vorgaben und Ausführungsbestimmungen“ stimmt und wurde auch bei der Nexus-Diskussion auf antischokke.de erwähnt. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass Zugbegleiter regelmäßig durch Testkunden (Mystery Customer) kontrolliert werden. Wenn der Zugbegleiter entgegen den Beförderungsbedingungen handelt, dann könnte das für ihn arbeitsrechtlichen Konsequenzen haben. Der Mann hat bei uns also alles richtig gemacht.

Tomtak Februar 1, 2013 um  Uhr

Der Link zu den DB-Beföederungsbedingungen führt ins Nichts. Gelten jetzt andere Bedingungen?

Micha300880 September 25, 2013 um  Uhr

Interessant sind die qr-Codierungen, die unterschiedlich sind. Damit soll ein online-ticket vom Papierticket unterschieden werden.