Warum löschen wir Links in den Kommentaren? (Update)

von horchposten am in Allgemein,Behind the Scenes

Mal einige Sätze in eigener Sache. Schon seit längerer Zeit sind wir in unserem Online-Shop und im Corporate-Blog bei den Kommentaren der Nutzer recht löschfreudig. Und zwar immer dann, wenn Links zu fremden Websites gepostet wurden. Das Entfernen der Links kommt bei einigen Kommentierenden nicht besonders gut an; manche schreiben uns recht unfreundliche eMails oder beschimpfen unseren Kundendienst an der Hotline. Dabei ist der Grund für unseren Löscheifer recht einfach: Wir orientieren uns an einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), laut dem ein Link unter bestimmten Bedingungen eine Rechtsverletzung sein kann. Die Luxemburger Richter entschieden im September, dass ein Website-Betreiber für einen Urheberrechtsverstoß auf einer fremden Website haftbar gemacht werden kann – und zwar dann, wenn von seiner Website zu jener fremden Website verlinkt wurde. Ob man Kenntnis oder Unkenntnis vom rechtsverletzenden Inhalt hatte, ist dabei unerheblich.

In dieser Woche fand das Urteil des EuGH seine erste Anwendung in Deutschland. Laut einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg (LG) sind Betreiber gewerblicher Websites bei Verlinkungen zu „zumutbaren Nachforschung zur Frage der Rechtmäßigkeit der Zugänglichmachung“ verpflichtet. In der Praxis führt das zu absurden Situationen, bspw. wenn ein Journalist über das Urteil des LG Hamburg berichtet und seinen Lesern den Urteilstext per Link zugänglich machen will. So hat der Verlagsjustiziar der Heise Medien GmbH nachgeforscht, ob man sich ggf. in Abmahngefahr begibt, wenn man von den Websites des Verlags zu den Websites des LG Hamburg verlinkt. Der Justiziar hat also das Gericht pflichtgemäß um eine Erklärung gebeten, dass sämtliche Inhalte der Gerichtsseiten in keiner Form und an keiner Stelle gegen die Vorgaben des Urheberrechts oder verwandter Gesetze verstoßen. Nun – das Anliegen wird von der Präsidentin des Landgerichts geprüft. Und geprüft. Und wenn die Überprüfung irgendwann abgeschlossen sein sollte, dann kann Heise endlich ohne rechtliche Risiken in seinem (inzwischen veralteten) Artikel einen Link setzen. Was nach Satire klingt, ist leider Realität. (Der Schriftwechsel kann bei heise.de nachgelesen werden.)

Für arktis.de bedeutet diese Rechtsprechung und der dabei angelegte Sorgfaltsmaßstab, dass wir in den Kommentaren alle Links zu unbekannten Websites löschen. Wir verstehen, dass unser radikales Vorgehen einige Kommentierende verärgert – aber vor Kommentarfreischaltungen ist eine komplette Überprüfung jeder verlinkten Website oder das Einholen von Unbedenklichkeitserklärungen im Geschäftsalltag einfach nicht umsetzbar. Bitte habt Verständnis, auch wenn das Löschen von Verlinkungen der Grundidee des Internets fundamental widerspricht, aber wir haben uns diese Absurdität nicht ausgedacht.

UPDATE: Heise hat vom Gericht eine Antwort erhalten. Das LG Hamburg will die Rechtmäßigkeit seiner Online-Inhalte nicht rechtsverbindlich erklären! Selbstverständlich geht man bei Gericht davon aus, dass „die Zugänglichmachung sämtlicher Inhalte auf der Seite des Landgerichts rechtmäßig erfolgt“ … aber darüber hinaus gewährt man keine Zusicherungen. Ob man als Journalist oder Blogger seiner Pflicht zur Nachforschung wohl nachgekommen ist, wenn man solch eine lapidare Antwort akzeptiert? Eins steht jedenfalls fest: Verlinken wird ab jetzt eine spannende Angelegenheit…